"IDEEN Für BREMEN":
Bericht im Weser Kurier vom 1. Juni 2016 über die Preisverleihung
Sieben Ideen für Bremen
Von der Bienenvermietung bis zum Deichhocker – diese Konzepte sollen die Stadt voranbringen
VON MAREN BENEKE
Bremen. Geht es nach der Zahl seiner Mitarbeiter, dann dürfte Dieter Schimanski Chef des mit Abstand größten Unternehmens in Bremen sein. Mehr als 50000 sind es allein am Firmensitz an der Kurfürstenallee, viele weitere verteilen sich noch einmal auf das ganze Bundesgebiet. Schimanskis Mitarbeiter messen allerdings nur etwas mehr als einen Zentimeter, sie haben zwei Flügel und ihr Hauptjob ist es, Blüten zu bestäuben und Honig zu produzieren. Doch auch wenn Schimanskis Bienen noch so winzig sind: Er hat Großes mit ihnen vor. Mit Hilfe der Bienen und der Unterstützung von öffentlichen Einrichtungen und den Unternehmen in der Hansestadt will er Bremen zur "Bienen-Stadt der Welt" machen.
Mit dieser Idee ist der Geschäftsführer einer Werbeagentur einer von sieben Preisträgern im Wettbewerb "Ideen für Bremen". Im vergangenen Herbst hatte der Verein Unternehmen für Bremen in Kooperation mit dem Netzwerk I2B dazu aufgerufen, Ideen für Bremen einzureichen. 13 Bremer Firmen - darunter der WESER-KURIER - fahndeten nach frischen Konzepten, Produkten, Geschäftsideen und Innovationen. Teilnehmen konnte jeder, der die Stadt mit seinem Wettbewerbsbeitrag voranbringen will. Dem Aufruf folgten gut 200 Bewerber. "Wir waren total überrascht nicht nur, dass es so viele Bewerbungen waren, sondern auch, wie viel Engagement und Feuer hinter vielen von ihnen steckt", sagte der Vereinsvorsitzende Andreas Hoetzel. Es sei daher nicht einfach für die Jury gewesen, sieben Ideen auszuwählen. Die Menschen hinter den Konzepten wurden am Dienstagabend bei einer Gala ausgezeichnet.
Darunter Dieter Schimanski mit seiner Zweitfirma Bee-Rent. Mit seinem Unternehmen vermietet der Geschäftsführer Bienenkörbe. Schimanskis Ziel ist, dass überall auf öffentlichen Gebäuden, auf dem Markt und bei Unternehmen, die das Projekt unterstützen möchten, Körbe aufgestellt werden. Dadurch wird - so der Wunsch des Firmenchefs - nicht nur dem Bienensterben entgegengewirkt. Der Honig, den die Bienen produzieren, soll über das Stadtmarketing an Touristen verkauft werden, so dass jeder ein kleines Stückchen hanseatische Natur mit nach Hause nehmen kann.
Ein Dach, ein Platz oder ein Garten - mehr braucht es laut Dieter Schimanski nicht, um einen Bienenkorb aufzustellen. Die Versorgung der Tiere und des Bienenkorbs übernehmen sogenannte Bee-Keeper, die von Schimanskis Unternehmen geschult werden. Über ihren Monatsbeitrag würden die Bienenkorb-Mieter dazu beitragen, etwas Gutes für die Umwelt zu tun.
Der Ansatz von Preisträger Jens Fürst ist ein komplett anderer: Er möchte mit der Kür eines Kohl-Kaisers dafür sorgen, dass Bremer Brauchtum gepflegt und nach außen getragen wird. Seine Idee: Am Ende einer jeden Kohlsaison gibt es eine Veranstaltung, bei der alle Kohlkönige in einem Wettstreit - am liebsten auf dem Marktplatz - gegeneinander antreten können. Unter sämtlichen Königen wird so der Bremer Kohlkaiser gewählt. Fürst erhofft sich durch diese Veranstaltung neben einem positiven Image für Bremen auch ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl, da sehr viele Menschen mitmachen können.
Bremen aus einer neuen Perspektive erleben ist die Idee hinter dem Fotomarathon Bremen, den WESER-KURIER-Marketingleiter David Koopmann als Pate begleitet. Das Team rund um Annica Müllenberg hat den Wettbewerb im vergangenen Jahr wiederbelebt. Ziel ist, innerhalb von neun Stunden neun Fotos zu neun Themen zu schießen. Die jeweiligen Aufgaben werden an verschiedenen Stationen vergeben, die über die Stadt verteilt sind. 2015 zogen etwa 200 Menschen mit ihren Kameras durch die City. Ziel des Fotomarathons ist es, Bremen auf unentdeckte Wege zu führen und Touristen in die Stadt zu locken.
Mehr Unternehmensgründungen, das ist das Ziel von Michael Vogel. Er plant einen Entrepreneurship-Studiengang an der Hochschule Bremerhaven. Vorbild ist die finnische Team Academy, eine Mischung aus Studiengang und Inkubator. Jeweils 15 Studenten gründen als Team zu Beginn ihres Studiums ein Unternehmen, das in den darauffolgenden drei Jahren ihr Lernumfeld ist. An der finnischen Hochschule, so heißt es von Seiten des Preisträgers, liege die Zahl der jungen Menschen, die sich nach Abschluss des Studiums selbstständig machten oder weiter in ihrem Start-up arbeiteten, bei knapp 50 Prozent. Deutschlands erste Team Academy soll zum Wintersemester 2017/2018 starten.
Die Deichbremse bringt dagegen einen ganz praktischen Nutzen: Mit dem Sitzmöbel des Bremers Christian Spilker können die Kunden bequem auf Hängen sitzen. Das kann eine Skipiste, ein Weinberg - oder eben der Bremer Osterdeich sein. Über einen Online-Shop vertreibt Spilker seine Deichbremse bereits, als Gewinner des Ideenwettbewerbs bekommt er nun Hilfe beim Aufbau seiner Marke und möchte so dafür sorgen, „dass ein Stück Bremer Lebensart in die weite Welt" getragen wird.
Nils Bäumer will im November die erste Lösungskonferenz Deutschlands veranstalten. Gut 200 Menschen sollen dabei gemeinsam mit Experten aus der Kreativwirtschaft nach Lösungen für verschiedene Herausforderungen des Alltags suchen. Welche Fragen genau bearbeitet werden, so schlägt Bäumer vor, soll vorab von einer Online-Community und den Gästen vor Ort entschieden werden. Eine mögliche Frage könnte sich darum drehen, wie die Zahl der Kaffee-Einwegbecher reduziert wird. Oder, wie die Verschmutzung durch Hunde eingedämmt werden kann. Die Teilnehmer bekommen Unterstützung durch erfahrene Trainer, am Ende sollen Ideen entstanden sein, die die Stadt wiederum weiterbringen.
Der Strombuch-Verlag und Autor Marco Dzebro wollen die Bre-Men aufleben-lassen. Bre-Men, das sind nach den Bremer Stadtmusikanten neue Superhelden für die Stadt. Ihre Geschichte: Die Bre-Men, eine Handvoll schrulliger Bremer, versuchen, ihren Comicbuchladen am Marktplatz zu retten. Dabei müssen sie sich gegen ihren Erzfeind Nacho und dessen Armee der Schattenschläfer durchsetzen. Der Verlag will den Plot rund um die Helden gedruckt, als E-Paper oder auch in Hörbuch-Form veröffentlichen. Preisträger Dirk Meißner sieht in den Bre-Men „die perfekten Botschafter für die Stadt", die vor allem junge Menschen von der Stadt begeistern sollen.
Die Idee von Heiko Stutzke und Wiebke Brüssel kommt ohne Unterstützung aus und wurde daher am Dienstagabend noch einmal gesondert lobend erwähnt: Sie haben vorgeschlagen, dass alle Unternehmen, Institutionen und der Öffentliche Dienst ihre Grußformeln bei Briefen oder E-Mails leicht abändern: Statt „mit freundlichen Grüßen“ könnte dort ganz einfach so etwas wie „mit freundlichen Grüßen aus Bremen“ oder branchenspezifisch so etwas wie „herzliche Grüße aus Bremen, dem Standort für Meerestechnik“ stehen. Auf diese Weise sollen die Adressaten Bremen mit all seinen Angeboten und Leistungen noch stärker wahrnehmen.
Die Preisträger werden von ihren Paten und dem Verein dabei unterstützt, ihre Ideen voranzutreiben, sei es über das Knüpfen von Kontakten aus dein Netzwerk der 13 Unternehmen, Unterstützung beim Marketing oder auch durch finanzielle Förderung. Der Verein plant, den Ideen-Wettbewerb in zwei Jahren erneut zu veranstalten.
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