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7-2021 - Kann ein Donut die Welt retten?

Wiebke Brüssel

Mai 2021

Wetten, dass Sie jetzt gerade an ein leckeres Fettgebäck mit Schokoglasur denken? Darum geht es hier leider nicht, dafür aber um ein interessantes Buch namens „Die Donut-Ökonomie“, das mich sehr beeindruckt hat und das ich wirklich empfehlen kann.

 

Die Autorin heißt Kate Raworth, ist eine englische Ökonomin und liebt es,  ihre Ideen zu zeichnen. Sie verknüpfte das Modell der „Planetary Boundaries“ (planetare Grenzen) und die „Sustainable Development Goals“ (die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen). Daraus entstanden ist ein Bild, das tatsächlich Ähnlichkeit mit einem Donut hat.

 

Auf der Oberfläche des Donuts liegt der „Sweet Spot“, in dem wir alle gut leben könnten. Das gesellschaftliche Fundament dafür liegt im inneren des Kringels und besteht aus einem ausreichenden Angebot von Wasser, Nahrung, Wohnen, Energie, Gesundheit, Bildung, Einkommen und Arbeit, Frieden, (sozialer) Gerechtigkeit, Gleichstellung, Netzwerken und politischer Teilhabe für alle Menschen.

 

Doch das reicht nicht, denn im Außenbereich liegt die ökologische Decke. Hier gilt das Gegenteil: Klimawandel, Versauerung der Meere, chemische Umweltverschmutzung, Stickstoff- und Phosphorbelastung, Süßwasserverknappung, Flächenumwandlung, Verlust der Artenvielfalt, Luftverschmutzung und Rückgang der Ozonschicht müssen gestoppt oder stark reduziert werden. Anderenfalls entstehen fatale Verkettungen zwischen der ökologischen Decke und dem gesellschaftlichen Fundament. Ein dramatisches Beispiel zeigten uns die Nachrichten im Juli 2021: in diesem Monat sorgten unglaublich starke Regenfälle für Überschwemmungen in NRW und Bayern und zerstörten die Existenz vieler Menschen. Ein Grund dafür ist der Klimawandel.

Eine wesentliche Rolle bei der Erreichung des „Sweet Spots“ für alle kommt der Wirtschaft zu, und so nutzt Kate Raworth ihre Donut-Idee für ein neues Wirtschaftsmodell. Dazu stellt sie die vielleicht heiligste aller Kühe – das Wirtschaftswachstum – in Frage. Nein, sie ist nicht gegen Wachstum, stellt aber fest, dass bei einer zunehmend beschädigten Erde Wachstum nicht mehr der maßgebliche Treiber sein sollte. Um auch das bildhaft zu erklären, vergleicht sie unseren Wunsch nach einem ewig währenden Wirtschaftswachstum mit einem Flugzeug, das gestartet ist, aber nie wieder landet.

 

Nicht nur aufgrund des spürbaren Klimawandels kommt bei immer mehr Menschen eine Ahnung hoch, dass das nicht (mehr) funktioniert. Allein schon deshalb nicht, weil der Treibstoff für den Motor „Wirtschaftswachstum“, die weltweiten Ressourcen aller Art, langsam knapp wird. Gerade wir, die Bewohnenden der reichen Länder, setzen bei unserem Wohlstand darauf, dass andere Länder bereit sind, die Kosten dafür zu tragen. Doch wir sind keine Insel, und wenn wir für unseren Wohlstand die Umwelt und Menschenwürde in anderen Ländern gefährden, fällt das auch auf uns zurück.

 

Deshalb ist die Empfehlung von Raworth, das Wachstum und die Ressourcennutzung zu entkoppeln, also den Zusammenhang „mehr Wachstum unter Verwendung von immer mehr Ressourcen“ zu stoppen. Ein möglicher Ansatz für ein Land wie Deutschland, das die meisten Ressourcen aus anderen Ländern bezieht, ist der verstärkte Ausbau einer Kreislaufwirtschaft. Eine der möglichen Visionen: Unsere Industrie entwickelt Herstellungsverfahren und beliefert uns mit Produkten, die am Ende ihrer Lebensdauer wieder sauber in ihre Bestandteile zerlegt und gleichwertig wiederverwendet werden können. So bekämen wir auch unser wachsendes Müllproblem in den Griff. Das erfordert Innovationsgeist und Geld, aber wenn wir es jetzt nicht packen, wird es teurer oder unheilbar. Und ich wette darauf, dass es schon viele kleine Startups gibt, die passende Ansätze liefern können.

 

Also Leinen los! Wir Menschen sind doch sehr erfindungsreich! Gerade haben wir in Rekordzeit einen Impfstoff gegen ein gefährliches Virus auf den Weg gebracht. Wer hätte vor ein paar Jahren geglaubt, dass das möglich ist?

 

Ich denke, dass wir auf dieser Basis auch gemeinsam daran arbeiten können, unsere Welt wieder in einen Planeten zu verwandeln, auf dem

 

  • sich die Natur zunehmend regeneriert,

  • Menschen Arbeit haben, die sie nicht krank macht und ihnen ein Einkommen sichert, das einen nachhaltigen Lebensstil ermöglicht,

  • wir mit allen Ressourcen verantwortungsvoll umgehen und Verschwendung abstellen,

 

und wir, wie Kate Raworth sagen würde, in einer Welt leben, in der die Wirtschaft blüht – ob sie dabei wächst oder nicht.

Das Gute daran ist, dass wirklich alle etwas dazu beitragen können. Anleitungen und Ideen gibt es genug. Besonders gefordert sind wir, die im Bereich Wirtschaft arbeiten, denn unser Beitrag wird überproportional hoch sein müssen. Doch dazu haben wir gutes Rüstzeug, nicht zuletzt aus der digitalen Welt. Ich bleibe positiv und halte es mit der scheidenden Kanzlerin Merkel: „Wir schaffen das“.

 

Aktuell finden sich in vielen Städten Gruppen zusammen, die mit Hilfe des Donut-Modells Themen der Nachhaltigkeit voranbringen wollen – auch in Bremen. Wer sich dafür interessiert und dazu beitragen möchte, kann sich gern melden.

 

Redaktionelle Hinweise

 

Über die Autorin

 

Wiebke Brüssel ist Geschäftsführende Gesellschafterin des Strategiebüro Nord.

 

Das Strategiebüro Nord arbeitet für Unternehmen und Organisationen im privaten, sozialen und öffentlichen Bereich, für Gründer und für Firmen am Anfang ihrer Entwicklung.

 

Dabei geht es um individuelle Fragestellungen, die sich oft aus den Trends unserer Zeit ergeben. Hierfür entwickeln wir lösungsoffen und teamorientiert strategische Konzepte, die langfristig den Erfolg sichern.

 

 

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Dieser Beitrag wurde auf den Bremer Exxtraseiten veröffentlicht.

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