6-2021 - Von Sauriern und Säugetieren
Wiebke Brüssel
Mai 2021
Die meisten uns von sind von Sauriern fasziniert. Sie lebten lange auf unserer Erde, und einige von ihnen wurden unglaublich groß. Doch dann änderte sich das Klima, und die Saurier starben aus – sie konnten sich der neuen Situation nicht schnell genug anpassen. Ihre Körpergröße, die sie zu den Herrschern der damaligen Welt gemacht hatte, half ihnen dabei nicht. Es kam zu einem Massensterben der Saurier.
Ganz anders die kleineren Wesen, die damals ebenfalls schon die Welt bevölkerten. Einige von ihnen gibt es heute noch (zum Beispiel Algen und Insekten), und einige haben die Grundlage für menschliches Leben gelegt. Sie waren nicht so groß, wendiger und anpassungsfähiger. So überlebten sie den Klimawandel und wurden Erfolgsmodelle. In der Natur gibt es ständig solche Anpassungsprozesse: Wer sich der aktuellen Situation bestmöglich anpasst, hat Vorteile und überlebt.
Wir Menschen tun uns mit Änderungen deutlich schwerer.
Diese kleine Episode in der Geschichte unserer Erde erinnert mich an die Zeit, in der wir gerade leben. Wieder gibt es einen Klimawandel – diesmal sogar selbstgemacht. Wieder gibt es riesige Organismen (in diesem Fall Organisationen), die plötzlich vor großen und kaum noch beeinflussbaren Herausforderungen stehen. Und wie damals gibt es kleinere Tiere – ich nehme hier die „Säugetiere“ als Stellvertreter der anpassungsfähigeren Tiere.
Die Saurier unserer Zeit
sind oft so groß, dass ihre Strukturen, internationalen Aktivitäten und Entscheidungswege schwer durchschaubar sind;
sind meistens in reicheren Ländern zuhause, beschaffen ihre Ressourcen aber weltweit;
können schon aufgrund ihrer Größe nur langsam auf Änderungen reagieren und umgehen das möglichst auch – zum Beispiel durch Umzug in „bequemere“ Länder;
achten bei ihren Produkten oft nicht auf Langlebigkeit, Reparaturfähigkeit oder Tauglichkeit für eine Kreislaufwirtschaft. Sie verpacken viel in Plastik und tragen so zum Wachstum der Müllberge bei;
nutzen alle Möglichkeiten, um so preiswert wie möglich zu produzieren – die Kosten zahlen Menschen in meist ärmeren Ländern und die Umwelt, und
reagieren auf Trends nach mehr Umweltschutz teilweise eher mit Abwehr-Lobbyismus und „Greenwashing“ als mit einer echten Umstellung ihrer Arbeitsweise.
Die Säugetiere von heute hingegen
entwickeln Lösungen, Produkte und Leistungen, die auf einer nachhaltigen Basis hergestellt werden können,
tun das nicht nur, weil es gut für die Vermarktung ist, sondern weil ihnen Umweltschutz wirklich am Herzen liegt. So werden sie glaubhaft und authentisch;
verpflichten sich dem Gemeinwohl und bezahlen Mitarbeitende genauso fair wie Geschäftsführer;
entwickeln Produkte, die reparierbar und Teil einer Kreislaufwirtschaft sind. Das Prinzip übertragen sie auch auf Verpackungen;
setzen darauf, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
Natürlich habe ich bewusst überzeichnet, denn wie immer ist die Welt nicht nur schwarz oder weiß. Es gibt Saurier, die sich durchaus anpassen. Und es gibt Säugetiere, die bei ihren Produkten nicht auf Zukunftsfähigkeit achten. Manche werden schnell von Sauriern geschluckt.
Wie so oft beginnt die Lösung, um der modernen Variante des Massensterbens zu entgehen, mit einer guten Strategie und einer Unternehmenskultur, die nachhaltiges Wirtschaften in den Mittelpunkt stellt.
Ich hoffe, dass viele der großen Organisationen das so schnell wie möglich erkennen. Mögen sie sich strategisch in eine Richtung entwickeln, die unsere Erde auch für die kommenden Generationen bewohnbar erhält. Dann bleibt ihnen das Schicksal der Saurier erspart. Als Bonus erwerben sie Fähigkeiten, die sie vermutlich gut an Unternehmen in anderen Ländern verkaufen können – falls der Zug für die deutsche Wirtschaft noch nicht abgefahren ist. Ich persönlich wundere mich schon seit Jahren über die Langatmigkeit unserer Regierung, wenn es um die Einführung von Umweltstandards geht. Gesetzliche Regelungen schaffen gleiche Bedingungen für alle und rufen Innovation hervor. Damit könnte sich Deutschland gut als das Land für Umweltinnovation und -technologie positionieren, denn sonst spielen wir irgendwann nicht mehr im oberen Segment mit.
Wird sich dadurch vieles ändern? Na klar. Doch die Wirtschaft kann sich wesentlich schneller anpassen als die Natur. Was wir in den letzten Jahren zerstört haben, wird lange brauchen, um zu heilen – vermutlich Jahrzehnte oder Jahrhunderte. Neue klima- und umweltfreundliche Branchen entstehen viel kurzfristiger, neue Arbeits(zeit)modelle auch, und vielleicht ja auch bald eine ganz neue Definition für „Wohlstand“.
Gehen Arbeitsplätze verloren? Ganz bestimmt, aber nur in bestimmten Branchen. Experten kündigen an, dass dieser Effekt durch andere Branchen mehr als kompensiert werden kann. So läuft zum Beispiel gerade die Produktion von E-Bikes erst so richtig an, und neue Fabriken entstehen. Auch Angestellte und Selbständige müssen uns gelegentlich anpassen. Ich habe das schon einige Male gemacht und festgestellt, dass diese Wechsel das Leben viel interessanter gemacht haben.
Und wir als Konsumierende? Wir können uns täglich selbst entscheiden, ob wir lieber Saurier oder Säugetiere sein wollen und ob wir mit unserem Geld eher die Saurier oder die Säugetiere füttern. Aus Erfahrung kann ich berichten, dass auch dabei eine Umstellung viel leichter ist, als viele meinen, und dem privaten Budget richtig guttut.
Ich wünsche allen einen schönen Frühsommer.
Redaktionelle Hinweise
Über die Autorin
Wiebke Brüssel ist Geschäftsführende Gesellschafterin des Strategiebüro Nord.
Das Strategiebüro Nord arbeitet für Unternehmen und Organisationen im privaten, sozialen und öffentlichen Bereich, für Gründer und für Firmen am Anfang ihrer Entwicklung.
Dabei geht es um individuelle Fragestellungen, die sich oft aus den Trends unserer Zeit ergeben. Hierfür entwickeln wir lösungsoffen und teamorientiert strategische Konzepte, die langfristig den Erfolg sichern.
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Dieser Beitrag wurde auf den Bremer Exxtraseiten veröffentlicht.
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