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11-2019 - Ein paar Gedanken über Lieferketten

Wiebke Brüssel

November / Dezember 2019

Jetzt ist sie wieder da – die Vorweihnachtszeit. Eine Zeit, in der wir vielleicht noch mehr als sonst an andere denken und den Prozess „Weihnachtsgeschenke“ starten. Ein guter Zeitpunkt, um über das Thema „Menschenwürde und Lieferkettengesetz“ zu sprechen.

 

Diese Kolumne schreibe ich an einem Computer. Dieses Gerät hat eine lange Lieferkette hinter sich. Die Rohstoffe für den Bau kommen vermutlich aus aller Welt, die Teile auch, und irgendwo wurde alles zusammengesetzt. Manche seiner „Inhaltsstoffe“ kommen vielleicht aus Minen, in denen immer noch Kinder arbeiten. Der Abbau zerstört und vergiftet die Umwelt und macht riesige Flächen über Jahrzehnte unbewohnbar. Ganz sicher arbeiten die Menschen in den Bergwerken ohne die Schutzmechanismen, die in Deutschland vorgeschrieben sind. In welchen Fabriken sind wohl die Komponenten entstanden, und unter welchen Arbeitsbedingungen?

 

Piktogramm des Wortes "Fair", darunter eine Kette.

 

Eigentlich können wir heute nicht mehr sagen, dass wir es nicht wissen. Mehr oder weniger regelmäßig sehen wir Bilder in den Medien von Katastrophen, die durch mangelnde Sicherheit in ausländischen Fabriken entstehen. Wir sehen auch Bilder von zerstörten Landschaften. Ein aktuelles Beispiel aus diesem Jahr sind die Feuer im Brasilianischen Regenwald. Sie sollen der Flächenrodung dienen, um mehr für Länder wie uns anzubauen.

 

Inzwischen hat auch unsere Regierung dieses Thema auf dem Schirm. Im Jahr 2016 veröffentliche sie den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte, kurz NAP. Der NAP soll zunächst nur große Unternehmen (ab 500 Mitarbeitende) in die Verantwortung nehmen. Auf freiwilliger Basis sollen sie ihre Lieferketten vor allem nach Verletzungen der Menschenrechte durchleuchten und ihre Marktmacht nutzen, um etwas zu ändern. Ein Monitoring soll zeigen, ob diese Freiwilligkeit genug bewirkt. Falls nicht, sollen die Anforderungen im kommenden Jahr in ein Lieferkettengesetz gegossen werden. Das könnte dann auch Unternehmen betreffen, die weniger als 500 Mitarbeitende beschäftigen.

 

Schnell zeigte sich, wie viele Facetten dieses Thema hat.

 

Unternehmensverbände führen an, dass man die Verantwortung für Missstände in anderen Ländern auf sie abwälzt. Sie fürchten hohe Kosten, Produktivitäts- und Gewinnverluste. Vertretungen der betroffenen Länder machen sich Sorgen über den Verlust von Arbeitsplätzen. Einige Verbände und Lobbyisten wehren sich vehement gegen eine gesetzliche Regelung.

 

Zivilgesellschaften würden ein Lieferkettengesetz begrüßen, weil ihnen daran liegt, dass die Lebensbedingungen in anderen Ländern menschenwürdig werden.

 

Und dazwischen steht die Regierung, die von vielen Interessen- und Lobbyverbänden angegangen wurde und in der ebenfalls unterschiedliche Interessen vertreten werden.

 

Das Thema ist sehr komplex. Natürlich möchten wir nicht, dass die Wirtschaft leidet. Genauso wenig möchten wir, dass Menschen in anderen Ländern auf Kosten unseres Wohlstands zu Schaden kommen und in Armut leben. Gibt es einen Weg, der beiden Positionen gerecht wird und einen Wohlstand für alle schafft, ohne gleichzeitig Lebensräume zu zerstören?

 

Es gibt immerhin Ansätze.

 

Was würde wohl passieren, wenn das Thema wirklich gesetzlich geregelt wird? Immerhin gelten dann die gleichen Regeln für alle. Gerade dann entsteht oft ein Klima für Kreativität und Innovation, und dabei können gute Ideen für die Wirtschaft und die Welt entstehen. Wir haben festgestellt, dass Unternehmen, die einen kontinuierlichen Strategieprozess in ihren Häusern installiert haben, einfach wissen, wie man Chancen erkennt und nutzt. Wer jetzt schon fair produziert, hat dann die Nase vorn.

 

In meinem Beruf als Strategieexpertin freue ich mich immer besonders, wenn sich Unternehmen auf nachhaltiges Wirtschaften umstellen und wir sie auf diesem Weg begleiten können. Da wir selbst unser Unternehmen an den den Sustainable Developement Goals der Vereinten Nationen ausrichten, gehört auch das Ziel Nr. 8 „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“ dazu. Darüber gemeinsam mit anderen nachzudenken und daran mitzuwirken, wie das funktionieren kann, begeistert mich immer wieder. Deshalb engagiert sich das Strategiebüro Nord im Bremer entwicklungspolitischen Netzwerk, kurz BeN.

 

Wenn Sie jetzt etwas ändern wollen, gibt es schon gute Ideen. Wie wäre es, wenn Sie Ihre Kunden mit fair gehandelten Produkten bewirten und sie auch als Weihnachtsgrüße verschenken? Schwieriger wird es bei Technik. Erste Trends sind zu sehen, aber einen richtig fair erzeugten Computer oder ein fair erzeugtes Smartphone gibt es wohl noch nicht, dafür aber bei Nager IT eine faire Computermaus.

 

Wer mehr über die Initiative Lieferkettengesetz wissen möchte, kann sich am 30. November vormittags in der Bremer Innenstadt informiert das BeN anschaulich über das Thema diskutiert mit Politikern. Wer mehr darüber wissen möchte, kann sich direkt an das BeN wenden.

 

Viel Spaß beim fair-schenken und eine schöne Vorweihnachtszeit.

 

Redaktionelle Hinweise

 

Über die Autorin

 

Wiebke Brüssel ist Geschäftsführende Gesellschafterin des Strategiebüro Nord.

 

Das Strategiebüro Nord arbeitet für Unternehmen und Organisationen im privaten, sozialen und öffentlichen Bereich, für Gründer und für Firmen am Anfang ihrer Entwicklung.

 

Dabei geht es um individuelle Fragestellungen, die sich oft aus den Trends unserer Zeit ergeben. Hierfür entwickeln wir lösungsoffen und teamorientiert strategische Konzepte, die langfristig den Erfolg sichern.

 

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