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22-2017 - Bessere Strategien durch Perspektivwechsel

Dr. Heiko H. Stutzke

Dezember 2017

Der Einkauf im Aldi-Markt ist erledigt, das Wochenende kann kommen. Viele von uns nutzen die Zeit nach der Arbeit für einen schnellen Umweg zum Einkaufen – und haben so gleichzeitig die Gelegenheit, vom Job abzuschalten. Also eine Win-Win-Situation?

 

Leider nicht mehr so ganz! Wer heute beim Parken vor dem Aldi-Markt nicht mitdenkt und die Parkscheibe hinter die Scheibe legt, hat hinterher vielleicht eine Zahlungsaufforderung am Scheibenwischer. Und da hört dann der Spaß auf.

 

Was ist passiert?

 

Viele Einkaufsmärkte (und eben auch Aldi) arbeiten inzwischen mit Unternehmen, die den Parkraum überwachen und aufpassen, dass nur Kunden den Parkplatz nutzen. Sie müssen eine Parkscheibe auslegen – alle Fahrzeuge ohne riskieren eine „Vertragsstrafe“, die sich meistens im Bereich von 20 bis 30 EUR bewegt.

 

Dieses Vorgehen ist auch im Grunde verständlich, denn wir alle wissen, dass kostenlose Parkplätze Fahrzeuge magisch anziehen. Das sind dann häufig auch Anwohner und Dauerparker. Kunden haben dabei das Nachsehen und finden manchmal kaum noch einen Platz. Die genannten Konsequenzen sind also durchaus eine Maßnahme, um die nicht vorgesehene Parkraumnutzung zu unterbinden.

 

Zahlen müssen alle, die ihre Parkscheibe vergessen haben und erwischt werden – zumindest bei Aldi.

 

 

Was hat das mit Strategie zu tun?

 

Es ist ein gutes Beispiel für eine sinnvolle strategische Maßnahme, die nicht „zu Ende gedacht“ wurde. Sie ist daher zwar wirksam, aber nur mit Nebenwirkungen.

 

Schauen wir uns das genauer an:

 

  • Zu erreichendes Ziel: Kunden sollen vor dem Aldi-Markt kostenlos parken können. Die Nutzung durch „Nichtkunden“ und Dauerparker soll vermieden werden.

  • Getroffene Maßnahme: Alle Parkplatznutzer müssen die Parkscheibe auslegen. Wird diese vergessen oder die erlaubte Parkdauer überschritten, ist eine „Vertragsstrafe“ an den Parkraumverwalter fällig. Dabei handelt es sich um einen Dienstleister, also nicht um Aldi.

  • Das Problem dabei: Auch die Aldi-Kunden müssen zahlen, wenn sie die Parkscheibe vergessen. Eine Stornierung beim möglicherweise sogar noch anwesenden Parkplatz-Überwacher (bei Vorlage des Kassenbelegs) ist nach unseren Erfahrungen nicht möglich, auch nicht im Markt. Die Maßnahme trifft also auch die Zielgruppe, wegen der sie überhaupt durchgeführt wird.

  • Fazit: Es wurde grundsätzlich sinnvoll geplant, um Parkplätze für Kunden freizuhalten, aber ein wichtiges Element blieb unberücksichtigt: Es wurde keine Möglichkeit für Aldi-Kunden geschaffen, Zahlungen bei vergessener Parkscheibe zu vermeiden. Diese sind logischerweise verärgert und wechseln gegebenenfalls zum nahe gelegenen Wettbewerber ohne Parkraumbewirtschaftung.

 

Wie wäre es richtig?

 

Die Umsetzung der strategischen Maßnahme „Parkraumüberwachung“ wäre vollständig, wenn es eine einfache Möglichkeit zur Stornierung der Forderung bei Vorlage des Kassenzettels gäbe.

 

 

Querdenken für optimale Maßnahmen!

 

Das Praxisbeispiel zeigt, dass bei strategischen Planungen eine Frage immer wieder neu beantwortet werden muss:

 

Haben wir an alles gedacht und alle Faktoren richtig bewertet?

 

Das ist besonders wichtig, wenn es um konkrete Maßnahmen geht. Diese sollen schließlich die gewünschten Ergebnisse bringen, negative Wirkungen aber vermeiden. Mögliche Auswirkungen auf die Kunden haben dabei Priorität.

 

Was ist zu tun?

 

Eine sinnvolle Vorgehensweise ist, die Perspektive zu wechseln, um vorgesehene Maßnahmen noch einmal zu überprüfen: Was aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine tolle Sache ist, kann aus Kundensicht zum Bumerang werden – und umgekehrt. So ist es in unserem Beispiel für Aldi-Kunden keineswegs plausibel, dass eine Stornierung der Forderung nicht möglich sein soll. Das Ergebnis ist Ärger – und zwar nicht auf sich selbst oder den Parkplatzüberwacher, sondern auf Aldi.

 

Um vorgesehene Maßnahmen richtig zu bewerten, sind Befragungen der Zielgruppe (der Kunden) immer ein gutes Mittel. Erfahrungsgemäß werden Lösungen so noch besser. Aldi scheint das gemacht zu haben, denn sie schrieben uns, dass die Mehrzahl der Kunden die neue Vorgehensweise begrüßt. Anmerkung: Wir gehören allerdings nicht dazu.

 

Wirklich optimal wäre es, bei der Entwicklung einer Strategie Vertreter der Zielgruppe(n) direkt mit im Team zu haben. Ihre Perspektive ist von unschätzbarem Wert.

 

Unser Tipp:

 

Nutzen Sie hierfür professionelle Unterstützung und Moderation! Das Fachwissen und die Systematik von Experten sorgen dafür, dass die Entwicklung nur wenig Ihrer Zeit erfordert, dass nichts vergessen wird und schnell wirklich tragfähige Ergebnisse entstehen. Auch die notwendige Dokumentation wird übersichtlich und leicht nutzbar.

 

Übrigens: Die Stornierung einer Zahlungsaufforderung vom Aldi-Parkraumüberwacher scheint tatsächlich möglich zu sein, erfordert allerdings die Kontaktaufnahme mit dem entsprechenden Dienstleister per Anschreiben und Einsenden des Kassenbelegs. Das ginge auch besser und vor allem kundenfreundlicher. Aldi schrieb uns jedoch, am aktuellen Verfahren nichts ändern zu wollen.

 

Für uns hat das Ganze aber auch positive Seiten: Wir nutzen jetzt häufiger auch die guten Angebote der Wettbewerber und wissen immer genau, wo unsere Parkscheibe ist. Das ist doch auch etwas!

 

Redaktionelle Hinweise

 

Über den Autor

 

Dr. Heiko H. Stutzke ist Geschäftsführender Gesellschafter des Strategiebüro Nord.

 

Das Strategiebüro Nord arbeitet für Unternehmen und Organisationen im privaten, sozialen und öffentlichen Bereich, für Gründer und für Firmen am Anfang ihrer Entwicklung.

 

Dabei geht es um individuelle Fragestellungen, die sich oft aus den Trends unserer Zeit ergeben. Hierfür entwickeln wir lösungsoffen und teamorientiert strategische Konzepte, die langfristig den Erfolg sichern.

 

 

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